Freitag, 1. Mai 2009

Holzen Teil 7

1. Mai 2009
Hat ehemaliges Heimkind Roten Durchfall mit Blut verwechselt?

„Da war das große Krankenbett mit dem kleinen Jungen Jürgen. Jürgen lag leblos und nackt und mit beiden Händen über dem Kopf ans Bett gefesselt. Sein linkes Bein war ans Fußteil des Bettes gebunden, nur das rechte Bein lag angewinkelt. Ich guckte ihn mir an und dann sah ich das viele Blut, das von seinem Po zu kommen schien. Die Blut-Lache war groß, von seinen Hüften bis zum Knie und auf der Seite des Bettes. Ich war starr vor Schreck.“

Das erzählt auf einer amerikanischen Internetseite immer noch ein ehemaliges Heimkind, das 1956 im Alter von sechs Wochen in das Kinderheim „Rübezahl“ gebracht worden ist und dort bis 1963 blieb. Diese Schilderung schreckte die evangelische Kirche als damalige Trägerin der Einrichtung in Holzen (Landkreis Holzminden) auf, deswegen ermittelte die Hildesheimer Staatsanwalt, die Kripo von Holzminden befragte Zeitzeugen. Doch erhärtet werden konnte der Verdacht nicht, dass im Kinderheim „Rübezahl“ dieser Junge und möglicherweise auch noch andere Kinder auf gewaltsame Weise ums Leben gekommen sind.

Die Ermittlungen seien mit großer Sorgfalt und hohem Zeitaufwand geführt worden, berichtet ein Kripobeamter aus Holzminden. Einfach hätten es sich die Ermittler nicht gemacht, immer wieder habe es Probleme gegeben: Einige ehemalige Heimkinder waren zur Zusammenarbeit nicht bereit, so manche schlimme Geschichte beruhte auf Hörensagen, wurden Aussagen miteinander verglichen, kam es zu Ungereimtheiten. Aber - eine Geschichte sei von mehreren Zeugen unabhängig voneinander und ohne direkte Nachfrage erzählt worden: Eines Tages gab es im Kinderheim „Rübezahl“ Rote Beete. Viele Kinder bekamen davon Durchfall. Und: Der sei rot gewesen.

Hat also jene Belastungszeugin, die auf den amerikanischen Internetseiten ein Schreckenszenario entwickelt, als kleines Mädchen Blut mit rotem Durchfall verwechselt? Doch: Es soll immer noch einen Augenzeugen geben. Der aber meldet sich nicht. Da spitzt auch der Kripobeamte aus Holzminden die Ohren: „Wenn es neue Hinweise geben würde, würden wir die Ermittlungen sofort wieder aufnehmen.“

Kein Zweifel: Es ist schlimm zugegangen im Kinderheim „Rübezahl“, das es von 1955 bis 1972 auf dem Greitberg gab. Daran hegen weder die Hildesheimer Staatsanwaltschaft noch die Kripo von Holzminden Zweifel. Andererseits bleibt es (noch) dabei: „Von Tötungsdelikten gehen wir nicht aus.“

Ruhe kehrt in Holzen nicht ein. In dem 700-Seelen-Dorf in der Samtgemeinde Eschershausen malen sich immer noch einige aus, was geschehen würde, wenn eines Tages jemand käme, der mehr zu sagen hätte als bisher bekannt und bewiesen ist.

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