Freitag, 1. Mai 2009

Holzen Teil 2



Schranke vor dem ehemaligen Heimgelände. Foto: Tjaden


9. November 2008
Missbrauch und Morde in Kinderheim?

"Später wohnten dort die Letten", erinnert sich der ehemalige Bürgermeister und Chronist Herbert Schlotter. Damit gemeint sind aus Lettland vertriebene Deutsche. 40 waren es vom 1. Mai bis 1. August 1946. Im Mai 1947 wurde das Lager wieder aufgelöst. Plünderer stahlen, was nicht niet- und nagelfest war. Dann übernahm die Innere Mission das Lager und brachte dort 17- bis 24-Jährige unter, die an der so genannten "Zonengrenze" aufgegriffen worden waren. 23 wohnten schließlich auf dem Greitberg, sie brachten die Baracken wieder in Schuss, unterstützt wurden sie von einer Quäkerin mit Kleiderspenden. Der Strom kam von einem Stollen, die Wasserleitung bauten die 17- bis 24-Jährigen selbst.

1955 zogen "gefallene Mädchen" in das Lager ein. Mit ihnen kamen junge Männer auf Motorrädern. "Wir wussten gar nicht, woher die alle waren", denkt Herbert Schlotter an diese Episode zurück. Doch schon bald knatterten keine Motorräder mehr durch das Dorf und den Greitberg hinauf, denn - so der ehemalige Bürgermeister: "Diese Prostituierten waren schnell wieder weg" und aus dem Lager "Rübezahl" wurde ein Kinderheim, in dem Grausames geschehen sein soll.

"Dort war es auch nicht schlimmer als zu der Zeit in anderen Heimen", sagt zwar der 78-Jährige, aber in einem Strafantrag, der am 13. April 2008 gestellt worden ist, steht: "Es gibt eine ausgewanderte Augenzeugin und weitere Zeugen, die über Misshandlungen mit Todesfolge aussagen können." Im nächsten Absatz wird es konkreter: "Es wurde berichtet, dass Soldaten in der Zeit von 1956 bis 1963 nachts in die Schlafzimmer kamen, um sich an den Heimkindern sexuell zu befriedigen. Ein Zeitzeuge berichtet von einem gefesselten Kleinkind mit blutigem Po. Die getöteten Kinder sollen in die Munitionsbunker geworfen worden sein."

Kinderleichen soll es auch hinter dem Gasthaus "Roter Fuchs" geben. Dieses Ausflugslokal steht oben auf dem Greitberg. An diesem frühen Nachmittag sitzt nur ein Gast an der Theke. Der 80-Jährige hat finanzielle Sorgen: "Die Bank hat mir nur die Hälfte gegeben. Andreas verwaltet mein Geld. Das kann der doch nicht machen. Ich gehe zum Anwalt."

"Das ist eine sehr gute Idee", sagt der Wirt und kommt an meinen Tisch. Er nimmt meine Bestellung auf und beantwortet meine Frage nach dem ehemaligen Kinderheim "Rübezahl" ohne eine Sekunde des Nachdenkens: "Das sind von hier nur wenige Meter den Berg hinunter. Dort gibt es eine Schranke. Es sind aber nur noch die Fundamente vorhanden."

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