4. September 2008
Einer schwangeren Mutter in Klinik von Lich
Sinnloser Tod in der Asklepios-Klinik der hessischen Kleinstadt Lich: Eine 29-Jährige aus Wetzlar ist gestorben, weil sie als Zeugin Jehovas eine Bluttransfusion verweigerte und ihr Leben mit Blutersatzstoffen nicht zu retten war. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft von Gießen. Die Mutter der Toten hat Strafantrag gegen den verantwortlichen Arzt und gegen ihren Schwiegersohn gestellt.
Die Verweigerung von Bluttransfusionen begründet diese Glaubensgemeinschaft seit 1945 mit zwei Bibelzitaten: „Wer auch immer etwas von Blut isst, den will ich von seinem Volk aussondern.“ (3 Mos 17,10) und „dass sie sich enthalten von Ersticktem und von Blut.“ (Apg 15,20). Die Bibelauslegung der Zeugen Jehovas ist zwar auch in diesem Punkt willkürlich, dennoch fürchten Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft um ihren Platz im Paradies, wenn sie Bluttransfusionen zustimmen. Andererseits weisen die Zeugen Jehovas in ihren Schriften immer wieder auf Alternativen hin, die allerdings wieder einmal versagt haben.
In Berlin hat diese Glaubensgemeinschaft am 24. Mai 2005 Körperschaftsrechte bekommen, in anderen Bundesländern laufen entsprechende Bemühungen. Im Urteil des Berliner Oberverwaltungsgerichtes heißt es zur Verfassungstreue: „Ob die Antrag stellende Religionsgemeinschaft diese Gewähr bietet, ist an ihrem tatsächlichen Verhalten, nicht an ihrem Glauben zu messen.“
In Artikel 79 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG) steht: „Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergeschriebenen Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“
In Artikel 1 geht es um die Würde des Menschen, in Artikel 20 um die Verteidigung des demokratischen und sozialen Bundesstaates.
Würde man endlich dem Oberverwaltungsgericht in Berlin folgen, könnte man die Zeugen Jehovas auf den Boden des Grundgesetzes zwingen und die Abschaffung des Blutverbots fordern oder den nach Artikel 20 geforderten Widerstand bis zur Verbotsandrohung leisten.
So lange wird immer wieder geschehen, was in Lich geschehen ist: Eine Mutter fleht Ärzte an, doch denen sind die Hände gebunden, wenn Zeugen Jehovas in Patientenverfügungen Bluttransfusionen ablehnen und im Krankenhaus Mitglieder der Glaubensgemeinschaft darauf achten, dass nichts ihnen Verbotenes geschieht.
Das Ermittlungsverfahren gegen den verantwortlichen Arzt und gegen den Schwiegersohn jedenfalls wird über kurz oder lang eingestellt. Längerfristig wirken könnte Aufklärung, die in den Schulen beginnen müsste. Da junge Zeugen Jehovas dazu angehalten werden, auch auf dem Schulhof über ihren Glauben zu berichten, könnte die Antwort sein: Ihnen werden Fragen gestellt. Solche beispielsweise: Wenn ihr Bluttransfusionen ablehnt, warum lasst ihr euch dann nicht auch beschneiden (Gen 17,10), warum hat Jesus gesagt „Nicht was zum Munde eingeht, macht den Menschen unrein, sondern was aus dem Munde hervorgeht“ (Mt 15,11), warum beruft ihr euch auf die Apostelgeschichte, in der es doch lediglich um einen Kompromiss geht, und zwar um diesen: Die aus dem Heidentum zum Christentum Bekehrten sollten nur drei Dinge ebenso wie die Juden halten: kein Götzenopferfleisch essen, keine Unzucht treiben und kein Blut genießen - und dann noch: Bei dem Zitat aus dem Buch Mose handelt es sich um eine Speisevorschrift, was hat eine Speisevorschrift mit einer medizinischen Behandlungsmethode zu tun?
Denn: Es muss Schluss sein mit diesen sinnlosen Todesfällen und damit, dass Ärzte in Gewissenskonflikte gestürzt und dann auch noch angezeigt werden. Wenn schon Strafanzeige, dann doch bitte gegen Richard E. Kelsey als derzeit deutschem Chef dieser Glaubensgemeinschaft. Aber auch die müsste ins Leere gehen.
Mail an die Bild am Sonntag
3 Kommentare:
Solche Geschichten finde ich erschreckend. Was ist das nur für eine Sekte? Wohl auch eine Parallelwelt!
Solche Berichte finde ich erschreckend. Was ist das nur für eine Sekte?
mit einer Eigenblutbehandlung wäre dies nicht geschehen.
Niemals stehen "die Gesetzte" über der Liebe. Darauf hat Jesus im Neues Testament immer wieder hingewiesen. Sehr traurig was sich in dieser Gemeinschaft abspielt.
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