Samstag, 24. Januar 2009

Aussagen und Untersuchungen

2. September 2008
Ein Fremder klingelt an der Heimtür

„Es handelt sich hierbei um die Zufahrt zum Kinderdorf Sankt Josef in Dalheim, ohne Straßenbezeichnung, die von der Straße Hessenfeld entlang des Friedhofs führt“, schreibt der zuständige Kriminalbeamte in seinem Bericht über die „Todesermittlungssache Beckers, Raymund, 25. 12. 57“. Als er dort angekommen sei, habe unter dem zweitletzten Baum vor der Einfahrt zum Kinderdorf eine männliche Leiche gelegen, der Lederleibriemen um den Hals des Toten sei fest zugezogen gewesen. Weiter schreibt er: „Der dazugehörende zweite Teil ist um den Ast eines Laubbaumes geknotet, der 1,60 m über dem Erdboden waagerecht ragt.“ Auf Seite 2 notiert dieser Kriminalbeamte, dass der Tote mit Schuhen 178 Zentimeter groß sei.

Bekleidet ist Raymund Beckers am 3. September 1995 mit einer ärmellosen Jacke, einem langärmeligen Hemd, einem T-Shirt und einer Jeans, er trägt weiße Socken mit rot-blauen Streifen und Schuhe mit Kreppsohlen. Am Hals des Toten stellt der Kriminalbeamte „oberflächliche Abdrücke des Gürtelmusters“ fest, rechts neben dem Kehlkopf entdeckt er das Muster der Gürtelschnalle, das ebenfalls nur oberflächlich zu sehen sei. Er fügt hinzu: „Eine genaue Führung bzw. genaue Abdrücke des Gürtels sind oberflächlich nicht zu sehen; oberflächliche Rötungen sind rund um den Hals erkennbar. Leichenstarre oder -flecken nicht vorhanden.“

Wann ist er gestorben?

Dazu findet man im Netz diese Informationen: „Die Totenstarre beginnt bei Zimmertemperatur nach etwa 1 bis 2 Stunden an den Augenlidern, Kaumuskeln (2 bis 4 Stunden) und kleinen Gelenken, danach setzt sie ein an Hals, Nacken und weiter körperabwärts und ist nach 14 bis 18 Stunden voll ausgeprägt (bei Hitze schneller, bei Kälte langsamer). Diese Reihenfolge, beschrieben durch die Nysten-Regel, findet sich jedoch nur in etwa 50 Prozent der Fälle.“

In dem Totenschein, den Dr. H. aus Wegberg am 3. September 1995 ausstellt, gibt es keine Angabe zum Sterbedatum, ein Kreuz macht dieser Arzt bei „Datum und Uhrzeit der Leichenauffindung“ und füllt die entsprechenden Kästchen mit „030905 0500“. Bei der Todesart kreuzt er an: „Ungeklärt, ob natürlicher oder nicht natürlicher Tod. Obduktion erforderlich“.

Der zuständige Kriminalbeamte untersucht Raymund Beckers am Fundort weiter und findet keine äußeren Verletzungen. Als Fundsachen zählt er auf: ein blaues Einwegfeuerzeug, ein 50-Pfennig-Stück, zwei Schlüssel, eine schwarze Herrengeldbörse mit einer Telefonkarte, einer Taxikarte und einer Besucherkarte des Arbeitsamtes in Erkelenz, eine Herrenarmbanduhr und ein kleiner Ring.

Fremden wieder weggeschickt

Anschließend befragt dieser Kriminalbeamte die Erzieherin S. und René K., der seit 13 Jahren in dem Jugenddorf Sankt Josef lebt und die Leiche im Scheinwerferlicht eines Autos, mit dem er gegen 4.30 Uhr vor dem Heim angekommen ist, gesehen haben will.

Die Erzieherin sagt aus, dass jemand am 3. September 1995 gegen 0.15 Uhr an der Haustür geklingelt habe, geöffnet habe der 17-jährige Heiminsasse Markus H. Raymund Beckers, der für alle ein Unbekannter gewesen sei, habe im Aufenthaltsraum drei Heimkinder angetroffen. Als sie in diesen Raum gekommen sei, habe der Fremde gesagt: „Ich wollte euch mal besuchen.“ Ihre Antwort sei gewesen: „Das ist um diese Zeit wohl nicht angebracht. Verlassen Sie bitte das Haus.“

Dann sei dies geschehen: Raymund Beckers bittet um eine Zigarette, er bekommt aber keine, die Erzieherin S. bemerkt an der Kleidung des offenbar Betrunkenen getrocknetes Gras, der Besucher steht auf und lässt sich von S. zur Tür bringen. Ärger gibt es nicht.

René K. gibt zu Protokoll, dass sein Fahrer und er nicht zu dem Mann am Baum gegangen seien, er habe vielmehr die Erzieherin S. informiert. Festzuhalten bleibt: Raymund Beckers hat das Heim gegen halb eins wieder verlassen, vier Stunden später taucht sein Körper im Scheinwerferlicht eines Autos auf.

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