Donnerstag, 30. August 2012

Mütter in Münster (V)

Originelle "Tatort"-Folgen - tolle Krimi-Serie - schweigsamer Oberbürgermeister

In Münster werden originelle "Tatort"-Folgen gedreht, auch eine erfolgreiche Krimi-Serie kommt aus dieser Stadt und Preußen Münster hat soeben Werder Bremen aus dem Pokal geworfen - und dann gibt es dort noch das Jugendamt und das Familiengericht. Oberbürgermeister Markus Lewe hat Ende 2010 darauf hingewiesen, dass in seiner Stadt alles etwas länger dauere, dafür aber stets erfolgreich ende. Da ist die Tochter einer Mutter bereits seit über einem Jahr, der Junge seit mehr als einem halben Jahr weg gewesen, obwohl eine Gutachterin den jahrelangen Entzug beider Kinder gar nicht in Erwägung gezogen hatte.

Nun hat das Familiengericht von Münster einen zweiten Gutachter eingeschaltet (Az. 57 F 167/10), die Mutter verweigerte eine erneute Begutachtung. Darf sie, entschied das Gericht am 18. Juli 2012, denn niemand könne dazu gezwungen werden. Allerdings wird ihr die Weigerung negativ angekreidet.

Der zweite Gutachter heißt Mehmet T., kommt aus Densteinfurt und hat die Akten gelesen. Darin steht auch mein Name, denn ich bin Beistand der Mutter vor dem Oberlandesgericht in Hamm und vor dem Verwaltungsgericht in Münster gewesen. Seit Wochen verlange ich eine Auskunft darüber, was Mehmet T. über mich aus den Akten herausgelesen hat. Darauf reagiert niemand - auch Oberbürgermeister Markus Lewe nicht, der möglicherweise beweisen will, dass er genauso langsam ist wie seine Stadt.
 
Auch nach dem Beschluss vom 18. Juli 2012 drängen sich mir Fragen auf, die ich am 8. August 2012 an das Familiengericht und an die Psychotherapeutenkammer von Nordrhein-Westfalen gerichtet habe: "(Ich frage mich), ob Mehmet T. aus Densteinfurt überhaupt familienpsychologische Gutachten erstellen darf. Googel ich ihn, dann finde ich den Titel Dr. phil., in Zeitungsberichten den Titel Dr., womit der Eindruck erweckt wird, Mehmet T. sei möglicherweise Dr. der Psychologie oder ein studierter Mediziner.
In der Familiensache S.  aus Münster hat Mehmet T. laut Beschluss des Familiengerichtes Münster vom 18. Juli 2012 ein Gutachten erstellt. Die Mutter verweigerte eine Begutachtung, was ihr gutes Recht ist und vom Gericht auch so bestätigt wird. Gleichwohl wird die Weigerung negativ bewertet. Schon taucht die Frage auf, ob Mehmet T. aus Densteinfurt nicht nur approbierter psychologischer Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche ist, sondern auch für Erwachsene. Liegt dem Gericht eine entsprechende Approbationsurkunde vor?"
Dazu gab ich Gericht und Psychotherapeutenkammer diesen Hinweis: "In einer Untersuchung aus dem Jahre 2000 sind 52 Gutachten auf den Prüfstand gestellt worden. Kein einziges Gutachten genügte wissenschaftlichen Kriterien, auch Dr. Bergmann ist als Richter am Amtsgericht von Mönchengladbach zu dem Ergebnis gekommen, dass lediglich zwei der 200 von ihm analysierten Gutachten wissenschaftlich genannt werden können. Offenbar fehlte den Gutachtern die nötige Qualifikation, was ich erst einmal auch für Mehmert T. annehme."
In besagtem Beschluss des Familiengerichtes von Münster wird ausgeführt, dass Mehmet T. aus Densteinfurt für einen Umgangsausschluss der Mutter mit ihrer Tochter plädiert, der 18 bis 24 Monate dauert. In diesem Zusammenhang soll er behauptet haben, dass Pflegekinder 1,5 bis 2 Jahre benötigen, bis sie eine "stabile Beziehung" zu den Pflegeeltern entwickelt haben.
 
Was ich so nicht stehen lassen konnte: "Diese Behauptung ist so zweifelhaft wie die Behauptung, dass es jeden Mittwoch regnet. Mir sind Fälle bekannt, in denen ein Kind auch nach über 10 Jahren noch keine ´stabile Beziehung´ zu seinen Pflegeeltern entwickelt hat, weil die Liebe zu den Eltern stärker blieb. So hat sich Anfang des Jahres ein 11-Jähriger in das Auto seiner Pflegeeltern gesetzt, ist damit durch den Ort gekurvt und wurde deshalb den Pflegeeltern wieder weggenommen. Da das zuständige Jugendamt im Gegensatz zum Jugendamt von Münster die Rechte der leiblichen Eltern so auslegt, wie sie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert sind, befindet sich das Kind inzwischen in räumlicher Nähe zu den Eltern und wird demnächst dort wieder leben. Dabei wird auf ein Gutachten verzichtet, das zwar teuer, aber wohl wenig hilfreich wäre."
Erneut wird in dem Beschluss des Familiengerichtes von Münster angemerkt, dass die Mutter ihrem ehemaligen Partner und Vater ihrer beiden Kinder unangemeldete Besuche abstattet. Die Tatsache, dass dies auch umgekehrt geschieht, wird nicht erwähnt.
 
Mein Kommentar: "Von daher ist es nachvollziehbar, dass die Mutter das Gericht für befangen hält. Außerdem können nach meiner Erfahrung Eltern in solchen Fällen tun, was sie wollen, negativ ausgelegt wird es immer. Allerdings muss ich davon einige Jugendämter und Familiengerichte ausnehmen, die sich nach Recht und Gesetz richten, hervorragend funktionierende Hilfesysteme entwickelt haben und Kindesentzug als allerletztes Mittel ansehen. Dass dies jemals Kindern geschadet hätte, ist mir nicht bekannt. Im Gegenteil.
Da inzwischen in jedem Beschluss, der negativ für die Eltern ausfällt, bestimmte Formulierungen auftauchen, kann ich diese nicht mehr ernst nehmen. Beispiele: ambivalent, distanzlos...Außerdem würdigt das Gericht mit keinem einzigen Wort die Tatsache, dass eine Schwester von ihrem Bruder getrennt worden ist. Das halte ich für einen Skandal."
Dass ich darauf eine Antwort bekomme, glaube ich kaum.
Quelle:
Dr. phil. Werner G. Leitner in Familie und Recht 2/2000 ISSN 0937-2180
Zur Mängelerkennung in familienpsychologischen Gutachten

Siehe auch

30. August 2012
Antwort der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen

Sehr geehrter Herr Tjaden,

zunächst bestätigen wir den Eingang Ihre Anfrage vom 08.08.2012.

Gerne bestätigen wir Ihnen, dass Herr Dr. phil. Dipl.-Psych. Mehmet Toker approbierter Psychologischer Psychotherapeut und als solcher berechtigt ist, sowohl Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene zu behandeln.

Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag
Stephanie Löwe
Psychotherapeutenkammer NRW
Willstätterstr. 10
40549 Düsseldorf

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